Helmut Konrad Freiherr von Keusgen in seiner privaten Bibliothek: “Ich liebe Bücher, denn sie haben in meinem Leben schon seit meiner Jugend eine besondere Bedeutung - und sie sind meine besten Freunde...”
Nachfolgend sämtliche von ihm verfaßten Buchtitel und ihre jeweilige Vorgeschichte:
Erst 13 Jahre alt, wurde Helmut Konrad von seinen Eltern auf eine Reise durch Nordfrankreich mitge- nommen, um jene Stätten aufzusuchen, an denen sich sein Großvater als Soldat im Ersten Weltkrieg auf- gehalten hatte. Von Verdun bis Flandern, an der Marne und der Somme, “...und entlang an massenhaft Soldatenfriedhöfen, die meine Eltern immer wieder besuchten - egal welcher Nation sie angehörten...”, erzählte von Keusgen.
Ostersonntag 1961: Mit den Eltern zum ersten Mal auf einem Schauplatz militärischer Ereignisse. Helmut mit seiner Mutter vor dem Fort de Vaux bei Verdun: “Auf drei riesigen Schildern, so groß wie Kinoleinwände, stand mitten in der schrecklich trostlosen, grauen Kraterlandschaft in deutscher, englischer und französi- scher Schrift: >Wanderer halte Einkehr. Dieser Boden ist vom Blut Tausender und Abertausender getränkt. Bewahre Stillschweigen!< Diese Worte sind mir unvergeßlich geblieben; und welches Schlachtfeld auch immer ich danach betreten habe und noch betreten werde, ich erinnere mich jedes Mal wieder an diese Worte und ihren traurigen Sinn...”
Die zehntägige Fahrt der Familie führte sie noch über viele Schlachtfelder, die den sensiblen Jugend- lichen stark beeindruckten:
“Irgendwann”, so berichtete von Keusgen, “waren wir nahe Cambrai. Dort stand ein Monument mit Bronze-Modellen der ersten Tanks. Mein Vater erklärte mir, daß wir uns auf genau jenem Terrain befänden, auf dem am 20. November 1917 der erste Panzerangriff der Weltgeschichte mit 378 eben solcher Tanks, 96 Hilfspanzern und 400 Flugzeugen der Engländer gegen die deutschen Truppen stattgefunden hatte, die diesem Angriff nichts Vergleichbares entgegenzustellen vermochten. Dann wanderten wir dort einen ganzen Tag lang umher, zwischen tiefen, grasbewachsenen Granattrichtern, durch fast verfallene Schützengräben, vorbei an maroden Unterständen, fanden Reste alter Spaten, rostige Gewehre, massenhaft Granatenblind- gänger, Stiefelsohlen - und Menschenknochen... Zum ersten Mal hauchte mich der Horror des Krieges an...”
Eine Spurensuche, die ganz harmlos begann und an einem tiefen, betonierten Schacht endete, in dem die Knochen von Menschen lagen, die einst Soldaten sein mußten...
Der Junge war vom Schrecken des Krieges derart tief beeindruckt, daß er kurz darauf in der Schule, anläßlich eines freigestellten Niederschriften-Themas von jener ersten Panzerschlacht schrieb:
“Mein erster Schulaufsatz zum Thema Krieg war auch mein erster diesbezüglicher Erfolg”, sagte von Keusgen, “gleichermaßen schriftstellerisch wie themenbezogen, denn er erhielt die beste Note und wurde für sehr lange Zeit in einer Vitrine im Flur unserer Schule ausgehängt. Das war 1962; und ich faßte schon damals den Entschluß, später Schriftsteller zu werden, um über den Krieg und seine schreckliche Wirkung auf die Menschen zu berichten...”
Doch es kam für von Keusgen zuerst alles ganz anders, denn das väterliche Werbegeschäft, ein Spezialunternehmen für Großverlagswerbung, stellte für den Jugendlichen die erste berufliche Weiche. Dennoch verlor er deswegen nicht sein Interesse an der Kriegsgeschichte, ganz im Gegenteil. Von seinem ersten Plakatmaler-Lehrlingsentgeld kaufte er sich in einem Antiquariat zwei dicke, alte Bücher zum Thema Erster Weltkrieg, und sein bald nach der Berufsausbildung erreichter Status als Junior-Chef erforderte nicht nur mehr berufliche Verantwortung, sondern erlaubte ihm auch außergewöhnlich viele und aufwendige Extratouren, die er, wenngleich als Abenteuer betrachtet, so doch auch als akribische Recherchen vor Ort nutzte - Monat für Monat, Jahr für Jahr...
Wegen seines Unabkömmlichkeitsstatus als unentbehrlicher Mitarbeiter im väterlichen Werbeunter- nehmen um drei Jahre vom Wehrdienst zurückversetzt, wurde Helmut Konrad von Keusgen dann im April 1969, im Alter von bereits 21 Jahren, zur Bundeswehr eingezogen - gegen den Willen sämtlicher seiner vom Krieg so brutal betroffenen Familienangehörigen und entgegen seiner eigenen, durch seine pazifistische Erziehung geprägte Gesinnung.
“Dennoch bedeutete mir diese Verpflichtung eine gewisse Herausforderung”, erklärte von Keusgen, “denn ich hätte ja den Militärdienst generell verweigern können... Doch schon während dieser 18 Monate meiner Militärzeit machte ich eine Erfahrung, die für meinen heutigen Beruf eine wesentliche Voraussetzung bildete - nämlich, wie es ist, Soldat zu sein und das Militärwesen zu kennen. Nur so ist es mir möglich, die Kriegsveteranen überhaupt richtig zu verstehen. Auch die ungewohnte Härte hat mir tatsächlich gutgetan und prägte meinen Willen, in Zukunft schwierige Aufgaben anzunehmen und etwas durchzustehen. Außerdem war das die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich einen Vorgesetzten hatte, dem ich mich unterordnen mußte...”
Von Keusgens neue Erfahrung beim Militär bewirkten sehr rasch, neue eigene Herausforderungen anzunehmen. So begann er in dieser Zeit mit der Taucherei, die gerade zum Ende der 60er Jahre an Popu- larität gewann.
Von Keusgen als Wehrdienstleistender während seiner Grundausbildung: “Die Erfahrung eines harten per- sönlichen Einsatzes prägte von nun an mein ganzes weiteres Leben. So begann ich noch während meiner Militärzeit, im Spätsommer 1969, mit der Taucherei; und es sollte nicht nur so ein bißchen Just-for-fun- Tauchen werden, sondern einen durchaus ernsten Sinn mit einem den jeweiligen Herausforderungen angepaßten Einsatz bekommen. Deswegen zwang ich mich selbst von Beginn an zu einem besonders harten Training...”
Obwohl zwischenzeitlich mehrmals am Mittelmeer, interessierte sich von Keusgen als Taucher weder für die sogenannten Taucherparadiese noch für Binnengewässer oder die Ostsee. Vielmehr bereitete er sich auf Taucheinsätze im kalten Nordatlantik beziehungsweise im Ärmelkanal vor. Als Folge seiner Liebe zur Natur trug er, mit den Mitgliedern eines von ihm gegründeten Tauchvereins mit umweltschützerischem Ziel und als Kooperativgruppe des Deutschen Tierschutzbundes, Anfang der 70er Jahre und im Großraum Hannovers, maßgeblich zur Wiederherstellung von drei verkommenden Feuchtbiotopen mit Kriegs-Altlasten bei. Diese wurden daraufhin zu Naturschutzgebieten erklärt.
Von Keusgen vereinte nun sein Interesse an der Taucherei mit jenem an der Militärhistorie und fuhr einmal monatlich an den Ärmelkanal. 1970 fand er auf dem Meeresgrund vor Dünkirchen die Trümmer eines britischen Jagdbombers; und von nun an führte ihn sein Weg weiter die Küste des Ärmelkanals hinab. Er tauchte vor der Cap Gris-Nez, vor Boulogne und vor Dieppe und fand immer wieder versunkenes Kriegs- gerät, bis er im April 1973 die Normandie erreichte - doch zerbrach an seinem Interesse für die Militär- geschichte, verbunden mit seinen häufigen und nicht ungefährlichen Unternehmungen, seine erste, noch junge Ehe.
April 1973: Zum ersten Mal am “Omaha Beach” über und unter Wasser...
Im November 1980 verließ von Keusgen das väterliche Werbegeschäft, “weil ich, bedingt durch bereits feststehende Zeitungs- und Illustrierten-Logos, kaum richtig kreativ sein konnte”, und er gründete ein eigenes Werbeunternehmen.
Die nächste Weiche, dieses Mal in Richtung Schriftstellerei, stellte dann von Keusgens Motorsport- Promotion-Agentur, die seinem Werbegeschäft angeschlossen war. Als Folge der ständigen, ihm selbst seit Mitte der 70er Jahre als Rennfahrer bekannten Sponsoren-Suche der Motorsportler schrieb er sein erstes Buch: Sponsoring am Beispiel Motorsport, ein Fachbuch, das nicht nur für den Motorsportler sondern für jeden Sponsor-Suchenden von Bedeutung sein kann und das 1988 im Kolleck-Verlag erschien.
Von Keusgen als Formel-3-Teamchef an der Zolder-Rennstrecke in Belgien 1986, und sein erstes Buch, das er dem Thema Motorsport widmete.
Es waren gerade seine vielen geschäftlichen Reisen im westeuropäischen Raum, die es von Keusgen ermöglichten, immer wieder ehemalige Kriegsschauplätze zu besichtigen; und zu seinem anstrengenden Berufsleben suchte er einen Ausgleich durch gezielte Recherchen:
“Bereits in den 70er Jahren hielt ich schon erste kleine Lichbilder-Vorträge zum Thema D-Day 1944 in Freizeitheimen”, erzählte von Keusgen, “aber in Ermangelung an entsprechend komplexem Wissen waren es mehr Gegenüberstellungen von 1944 und dem Heute der 70er Jahre. Aber außer, daß ich mir somit noch etwas Geld zu meinen monatlichen teuren Touren dazuverdiente, gab es noch etwas ganz besonders Wichtiges, dessen Wert ich sofort erkannte: Da ich meine Veranstaltungen jeweils im Vorfeld mittels werbewirksamer Plakate langfristig angekündigt hatte, waren immer mehr als die Hälfte der Besucher ehemalige Soldaten, die damals in der Normandie gekämpft hatten, und die mir äußerst wertvolle Informationen lieferten, die ich akribisch zu sammeln begann...”
Dennoch wurde der D-Day nicht das erste Thema einer militärhistorischen Keusgen-Publikation, denn von allen anderen Kriegsschauplätzen interessierte er sich auch noch für eine der größten Landschlachten der Weltgeschichte - Waterloo 1815.
“Mein Vater hatte mir an jenem letzten Wochenende, nachdem ich für 18 Monate zur Bundeswehr eingezogen wurde, eine Reise nach Brüssel geschenkt. Dort erfuhren wir in dem Hotel, daß man an einer Tages-Busfahrt zum nur 15 Kilometer entfernten Waterloo teilnehmen konnte, was wir auch taten...”
Wieder war es der Eindruck des Wahnsinns eines Krieges, wenngleich eines napoléonischen, der in totalem Kontrast zu den modernen Kriegen stand, der den damals 21-jährigen von Keusgen so stark beein- druckt hatte, daß er begann, sich noch während seiner Militärzeit auch darüber zu informieren:
“Blöd war nur, daß es damals überhaupt keine aktuelle deutsche Literatur zu diesem Thema gab, und was man diesbezüglich vor Ort in anderen Sprachen kaufen konnte, war alles nur wenig informativ und billiger Mist. So beschloß ich, in belgischen, deutschen und französischen Archiven und in englischen Büchern zu recherchieren. Bald konnte ich feststellen, daß die englische Literatur deutliche pro-britische Tendenzen aufwies, erkannte auch, daß der Kriegsgewinner die Geschichte schreibt. Aber, wie ich feststellen mußte, hatten die Engländer ihre als für sie so ruhmvoll apostrophierte Schlacht bei Waterloo gar nicht allein gewonnen, denn da gab es außer den ohnehin starken deutschen Truppenkontingenten auch noch die Preußen, die entscheidend zur Niederlage der französischen Armee beigetragen haben. Da Waterloo auf halbem Weg von Hannover in die Normandie liegt, bot sich mir ab 1973 die Möglichkeit, innerhalb meiner häufigen Normandie-Touren gleich zwei Kriegsschauplätze während einer Fahrt zu besuchen...”
Als es sich von Keusgen mit seinem inzwischen großen Werbeunternehmen erlauben konnte, “nur so für mich, und daß es endlich eine Buchpublikation zum Thema Waterloo gab”, nebenbei einen kleinen Eigenverlag zu gründen, erschien 1989 sein Waterloo 1815 - Die Tragödie des 18. Juni. Hauptabnehmer wurden Museen und Souvenir-Shops in und bei Waterloo.
Von Keusgen als Mitglied und Waterloo-Experte des “Club Napoléon” 1984 im Gehöft La Haie Sainte bei Waterloo, und sein erster themenbezogener Buchtitel, der 1989 erschien.
Doch mit dem kleinen Buch über die Kampfhandlungen von 1815 war es für von Keusgen nicht genug, denn zu viele Fragen betreffs Danach stellten sich ihm, und so brachte er 1990 ein weiteres Buch zum selben Thema heraus - Waterloo danach... Biographie einer historischen Stätte.
Die schweren Kampfhandlungen um den Gutshof Hougoumont an der Waterloo-Front forderten in den sechs Stunden des grausamen Ringens mehr als 6.000 Menschenleben - ein Zehntel der gesamten Opfer der dreitägigen Kampfhandlungen. Dazu von Keusgen: “Die Bezeichnung >Schlacht< machte bei Waterloo ihrem Namen wahrhaftig alle Ehre. Aber was nach einer Schlacht noch Schreckliches geschieht, wird fast nie publiziert, denn mit dem letzten Kanonenschuß war das Leiden der Soldaten noch lange nicht zu Ende...”
Im September 1978 war Helmut Konrad von Keusgen Vater eines Sohnes geworden:
“Das war eine ganz neue Erfahrung für mich. Nun war plötzlich so ein kleiner Mensch der Mittelpunkt meines Lebens... Schon bald erkannte ich einen mentalen Wert, von dem ich bisher überhaupt keine Ahnung hatte, nämlich die Liebe und die starke Beziehung zum eigenen Kind. Und es war diese innige Beziehung, die bei mir zu neuen, tiefen Gedanken und Erkenntnissen führte; und genau die wollte ich auch meinem kleinen Sohn vermitteln - auf kindgerechte Weise...”
So hatte von Keusgen eine Menge liebenswerter Kindergeschichten mit pädagogischem Charakter erfunden. Eine dieser hintergründig-philosophischen Geschichten handelt vom Mitleid auf unserer Welt: Die Similis. Entsprechend der inhaltlichen Thematik dieses Buches, schenkte von Keusgen die generellen Copyrights der Von-Brauck-Stiftung, die sich für unterpriviligierte Kinder engagiert. Von dem Buchtitel, der ebenfalls vom Autoren selbst gestaltet wurde, ließ die Von-Brauck-Stiftung 1.000 Exemplare produzieren, die von Keusgen persönlich nummerierte und signierte. Der Erlös dieser Bücher kam vielen unter schwierigen sozialen Bedingungen lebenden Kindern zugute.
Von Keusgen über seinen 1981 dreijährigen Sohn Alexander: “Bis zur Ankunft meines Sohnes glaubte ich, daß es nur die großen Leute sind, die die kleinen etwas lehren; dabei sind es auch die kleinen, die uns um viele sehr wertvolle neue Erkenntnisse bereichern...”
Für Die Similis fertigte von Keusgen ein spezielles Airbrush-Gemälde, das zugunsten der Von-Brauck- Stiftung versteigert wurde. Es war das erste Buch, das öffentlich bewertet wurde - und gleich mit viereinhalb goldenen Sternen.
Ende des Jahres 1997 erschien im I.M.K.Creativ Verlag (ab 2002 H.E.K.Creativ Verlag) ein Keusgen- Buch, das überhaupt nichts mit dem Thema Krieg zu tun hat: Ungewöhnliche Begegnungen. Den Grundstoff zu den in diesem Buch enthaltenen zehn modernen Märchen lieferten etliche ungewöhnliche Begebenheiten aus von Keusgens eigenem abenteuerlichen Leben, die er schon einige Jahre zuvor niederge- schrieben hatte. Es sind höchst hintergründige, phantastische Kurzgeschichten mit jeweils verblüffenden Pointen, die somit die Leser animiert, jede Geschichte zweimal zu lesen - das zweite Mal, und nachdem man die Pointe kennt, mit anderen Augen... Die Titelseite dieses Buches bildet wieder eines seiner Gemälde.
Es war die ungewöhnliche Begebenheit anläßlich einer seiner vielen Touren, auf der von Keusgen eines nachts infolge Spritmangels mit seinem Auto in einsamer Gegend vor einem mysteriösen Haus liegen- geblieben war, die ihn dann zu seiner schaurig-schönen Kurzgeschichte “Das Haus im Dunkeln” inspirierte...
Bereits Anfang des folgenden Jahres, 1998, erschien ein weiteres Buch, in dem von Keusgen ganz persönliche Eindrücke und Empfindungen verarbeitet hat: Subjektiv betrachtet - Ungedichte und ver- schriebenes. Auch hier wurde eine Vielzahl von Notizen genutzt, die von Keusgen in den vorausgegan- genen dreißig Jahren an verschiedenen Stationen seines Lebens notiert hatte. Es sind kurze Essays und Gedichte, prosaisch-lyrisch und kritisch bis zynisch - Texte, die unter die Haut gehen...
So skurril wie manche seiner phantastischen fotografischen Bildschöpfungen muten neben etlichen liebens- werten bis kritischen Kurzabhandlungen die surrealistischen Texte dieses Buches an...
Bis 1998 waren seit von Keusgens erster Fahrt nach Waterloo 29 Jahre vergangen und seit seiner ersten Reise in die Normandie 25 Jahre. Viele Schachteln voller Fotos, diverse Aktenordner voller Unter- lagen und Gesprächsprotokolle von D-Day-Zeitzeugen, schriftlichen Berichten, Bildmaterial und Fotokopien behördlicher Dokumente und Landkarten betreffs der Invasion 1944 und Waterloo bildeten für seine berufliche Zukunft als Schriftsteller für Militärhistorie nun die beste Voraussetzung. In diesem Jahr publizierte von Keusgen eine deutlich erweiterte Version seines bereits 1989 erschienenen Titels Waterloo 1815, jedoch mit dem neuen Untertitel Meilenstein europäischer Geschichte.
Von 1961 bis 1998 waren inzwischen 37 Jahre vergangen, über die Helmut Konrad von Keusgen sagte: “Wenn man vor so vielen Knochenbergen von Menschen, die einst Soldaten waren, gestanden hat, wie ich, fragt man sich ernstlich, wofür das eigentlich alles sein mußte... Diesen Wahnsinn eines jeden Krieges, der immer wieder die Folge irgendwelcher Provokationen oder eigennützigen Machtstrebens ist, wollte ich von nun an durch meine Bücher den Menschen näher bringen, auf diese Weise aufklären und mahnen, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben...”
Da es im Zuge der Recherchen zum Thema Waterloo eine Menge wertvoller Informationen gab, die nicht in den allgemeinen Textfluß seines Hauptwerks paßten, erarbeitete von Keusgen ein Begleitbuch als Nachschlagewerk, daß der I.M.K.Creativ Verlag ebenfalls 1998 herausbrachte: Waterloo Lexikon - Napo- léons Belgien-Feldzug von A bis Z.
Mehrere Jahre lang führte Helmut Konrad von Keusgen einmal jährlich und anläßlich seines “Waterloo- Meetings” interessierte Gruppen seiner Leser über die historischen Schauplätze der drei Tage dauernden Kampfhandlungen bei Waterloo. Wieder wurden seine neuen, themenbezogenen Bücher sehr gut bewertet.
Nach den unmittelbar nach dem Erscheinen seiner neuen Waterloo-Bücher spontan einsetzenden Verkaufserfolge und der enorm guten Leser-Resonanz (die Frankfurter Allgemeine Zeitung widmete diesen Buchtiteln eine komplette Zeitungsseite für eine äußerst positive Rezension), wandte sich von Keusgen beruf- lich nun fast ausschließlich der Geschichte des D-Day 1944 zu. Im Jahr 2000 erschien dann endlich seine erste diesbezügliche Publikation, D-Day 1944 - Die Landung der Alliierten in der Normandie, mit der er im Nachhinein gar nicht zufrieden war:
“Ich habe für dieses Buch zu viele von mir nicht überprüfte Quellen benutzt, aber sofort daraus gelernt.”
Während seiner vielseitigen Arbeiten vor Ort muß von Keusgen auch immer wieder nicht unerhebliche Risiken eingehen, um zu dem von ihm angestrebten historischen Stätten zu gelangen - wie hier beim Ab- seilen vom 36 Meter hohen Plateau des Raz de la Percée auf den steinigen Strand zwischen dem “Omaha Beach” und der Pointe du Hoc: “Ich schreibe nur über historische Stätten, die ich selbst ausführlich erkundet habe, auch wenn es manchmal verdammt schwierig ist, sie zu erreichen...”
Anläßlich der letzten Recherchen zu seinem Buch “D-Day 1944” hatte von Keusgen im September 1999 auch den 76-jährigen ehemaligen deutschen Maschinengewehrschützen Heinrich Severloh in Metzingen bei Celle, in der Lüneburger Heide, besucht, dessen Adresse der Autor erst kurz zuvor von einem Kriegs- kameraden erhalten hatte, der am D-Day ebenfalls im Widerstandsnest 62 am Omaha Beach stationiert war. Für von Keusgen sollte diese Begegnung zu einer Sensation werden:
“Wir waren uns sofort sympathisch, doch Hein, wie er sich nannte, erzählte mir anläßlich meines ersten Besuchs lediglich das, was mir etliche andere MG-Schützen auch schon gesagt hatten: Wenn die Rampen der Landungsboote herabfielen, hatten sie mit ihrem Maschinengewehr auf die herausstürzenden GI’s gehalten... Dann erzählte er mir, daß er nicht zum normalen Personal des WN 62 gehört hatte, sondern zur 1. Batterie des Artillerie-Regiments 352, und mit seinem Oberleutnant und noch weiteren 12 Artilleristen am 6. Juni 1944 lediglich in der kleinen Feuerleitstelle inmitten des WN 62 stationiert war, und noch etliches mehr - aber kein einziges Wort darüber, was er da unten am Strand unter den Amerikanern wirklich angerichtet hatte...
Als von Keusgen Heinrich Severloh zum ersten Mal besuchte, wurde er bereits von ihm vor seinem Haus stehend erwartet und anläßlich des gemeinsamen Gesprächs sehr freundlich zum Kaffeetrinken eingeladen (von links: Karin Clarissa Röhrs, Helmut K. von Keusgen, Heinrich und Lisa Severloh).
Als von Keusgen am nächsten Tag sein kleines Diktaphon-Tonband abhörte, um, wie nach jedem Veteranen-Interview, ein Gesprächsprotokoll zu schreiben, fiel ihm etwas auf, das er am Tag zuvor, während Hein Severloh so abwechslungsreich berichtete, überhaupt nicht registriert hatte:
“Irgendwann hatte Hein erzählt, daß ihm sein Oberleutnant am D-Day, um 15:30 Uhr, gesagt habe, daß man angesichts der von den Flanken des WN 62 immer näher kommenden GI’s die Leitstelle nun endlich aufgeben wollte. Hein hatte die Uhrzeit sogar ganz präzise angeben können, da er sich erinnerte, noch auf seine Armbanduhr gesehen zu haben. Von anderen deutschen und amerikanischen Zeitzeugen hingegen hatte ich aber längst erfahren, daß zu diesem Zeitpunkt und nach der zweiten schweren Feuerwalze der Kriegsschiffe das WN 62 von den 28 darauf stationierten Soldaten der 3. Kompanie des Grenadier-Regiments 726 längst aufgegeben worden war. Nun war mir klar, daß Hein Severloh genau der Mann war, den ich in- folge mehrerer schrecklicher Berichte ehemaliger GI’s, die in seinem MG-Feuer am Strand gelegen hatten, schon 26 Jahre lang in ganz Deutschland gesucht und inzwischen als längst verstorben vermutet hatte. Ich rief ihn an und fragte ihn, ob seine Aussage, um 15:30 Uhr das Feuer eingestellt zu haben, richtig sei, was er auffallend zögernd bejahte. Ich sagte ihm, daß ich nochmals kommen und mit ihm sprechen möchte. Er fragte mich, ob das denn unbedingt nötig sei, und ich spürte, daß er etwas verheimlichen wollte - ich wußte auch, was es war...
Ein paar Tage später war ich wieder bei ihm. Außer der Verlagsmitarbeiterin, Karin Clarissa Röhrs, die bereits bei unserem ersten Besuch dabei war und die Hein, wie wir bemerkt hatten, sehr gut mochte, brachte ich jetzt auch die Verlagsinhaberin mit. Élodie Hiestermann gehörte einer der ältesten deutschen Familien an und stammte aus einem nur drei Kilometer entfernten Nachbarort. Mir war klar, daß Hein Severlohs Kriegs- erlebnisse beziehungsweise das, was er getan hatte, als Buchausgabe einen Bestseller-Erfolg zur Folge haben könnte. Um ihn dazu zu bewegen, seine ganze schreckliche Geschichte niederzuschreiben, mußte ich, wie ich diesen sensiblen Mann richtig einschätzte, sehr geschickt vorgehen...
Dieses Mal erwartete uns vor seinem Haus kein aufrecht stehender, großer Mann mit freudigem Gesichtsausdruck und einer einladenden Geste, sein Haus zu betreten, sondern ein traurig wirkender alter Mann mit hängenden Schultern und blassem Gesicht. Bei der Begrüßung freute er sich lediglich darüber, daß Karin Clarissa Röhrs wieder dabei war. Dann stellte ich ihm die Verlags-Chefin vor, und er reagierte, wie ich es erwartet hatte. Erfreut lächelnd sagte er:
Wat denn, ‘ne Hiestermann’sche? Mensch Mäk’n, da kommst Du ja direkt von nebenan, aus Groß Oesingen. Deine Familie kenn’ ik doch...
So waren sich schon mal alle sympathisch und Hein etwas lockerer, was auch wichtig war, denn ich wußte, daß ich ihm gleich einen sehr harten Schlag versetzen würde...
Als wir dann alle in seinem Wohnraum saßen, sagte ich zu ihm:
Herr Severloh, ich will Sie im Moment gar nicht mit vielen Fragen konfrontieren, das mache ich viel- leicht ein anderes Mal. Heute will ich nur eine Aussage machen: Ich habe im Verlauf von inzwischen mehr als 26 Jahren mehrere Zeitzeugen getroffen, die mir von den Ereignissen vor dem WN 62 berichtet haben. Drei von ihnen waren Amerikaner, die vom schrägen Hang des Widerstandsnestes aus beschossen worden waren. Einer von ihnen erzählte mir sehr ausführlich von dem Blutbad, das ein deutscher MG-Schütze unter den GIs am Strand angerichtet hatte. Er erzählte mir auch, daß dieser MG-Schütze neun Stunden lang geschossen und erst nachmittags damit aufgehört hatte; auch sagte er mir, daß die GI’s, die zwischen massenhaft toter und verwundeter Kameraden in knöchelhohem Blutschlamm lagen, diesen Deutschen da oben, am Küstenhang, als Beast of Omaha bezeichneten und er so etwa 2.000 GI’s zusammengeschossen hatte... Und, lieber Herr Severloh - diese Bestie vom Omaha Beach, das waren Sie...
Hein saß da in seinem großen, alten Ledersessel, die Arme müde über die Lehne gehängt, und Tränen sammelten sich am unteren Rand seiner Brille. Langsam, ganz langsam nickte er und sagte:
Ja..., das werd’ ich wohl gewesen sein...
Ich ließ ihm etwas Zeit, erst einmal mit der Situation fertig zu werden, dann sagte ich ihm, daß der Verag seine Story als Buch herausgeben möchte. Wie ich erwartet hatte, wehrte er sofort ab:
Das kommt überhaupt nicht in Frage! Ich will doch nicht als Massenmörder in die Weltgeschichte eingehen! Ich träume seit damals andauernd davon und will nichts mehr damit zu tun haben...
Élodie Hiestermann riet ihm, durch das Niederschreiben der ganzen schrecklichen Erlebnisse, seine Psyche zu befreien, vielleicht somit endlich sein belastendes Trauma loszuwerden. Doch Hein antwortete:
Nein, nein! Ich will nicht! Außerdem bin ich Bauer, ich kann gar nicht schreiben...
Karin Clarissa Röhrs konterte:
Aber Herr von Keusgen ist Schriftsteller; er kann für Sie schreiben. Sie müssen ihm bloß Ihre ganze Geschichte erzählen...
Hein erbat sich eine Woche Bedenkzeit - und dann begann er seine Geschichte zu erzählen. Er be- zeichnete sie als “...die ganze verdammte Wahrheit...”
Nach acht Monaten gemeinsamer Zusammenarbeit des Heinrich Severloh mit Helmut Konrad von Keusgen erschien dann im September 2000 Severlohs Autobiographie WN 62 - Erinnerungen an Omaha Beach, Normandie, 6. Juni 1944.
Auf dem US-Soldatenfriedhof bei Colleville-sur-Mer, am “Omaha Beach”: Zwei Männer, deren gemeinsame Arbeit an einem ganz besonderen Buch sie zu guten Freunden verband. In den sechs Jahren, die ihnen bis zu Hein Severlohs Tod am 14. Januar 2006 noch verblieben, gab es mehr als einhundert gemeinsame Begegnungen, und fünfmal fuhr der Veteran mit Helmut Konrad von Keusgen in die Normandie. Bis kurz vor seinem Ableben wurden Hein Severlohs Memoiren von Auflage zu Auflage erweitert - bis zur einschließlich 5. Ausgabe. Inzwischen hat der H.E.K.Creativ Verlag bereits die 8. Auflage produziert. WN 62 wurde ein großer Erfolg, sowohl für den Verlag wie auch für Hein Severloh, der durch die Arbeit an seinem Buch endlich sein Kriegstrauma verlor und den international sehr viele äußerst positive Reaktionen erreichten - selbst von jenen Männern, auf die er einst geschossen hatte... WN 62 hat eine ungewöhnlich große Menge Leser-Resonanzen zu verzeichnen und wurde als Bestseller mit viereinhalb goldenen Sternen bewertet.
Nun plante der H.E.K.Creativ Verlag, der inzwischen dabei war, den Schwerpunkt seines Unterneh- mens auf den D-Day 1944 auszurichten, eine mindestens 12-bändige Serie zu diesem Thema, und um unmittelbar an Severlohs “WN 62” anzuknüpfen und diese Serie von vornherein auf die Erfolgsschiene zu stellen, erschien 2004 als erste Ausgabe von Keusgens Stützpunkt WN 62 - Normandie 1942-1944. Der Autor sagte dazu:
“Der Titel ist, militärisch betrachtet, nicht ganz korrekt, weil Stützpunkte nur als solche bezeichnet werden, wenn eine ganze Kompanie oder eine Batterie darauf stationiert war, und das war beim WN 62 nicht der Fall. Im Landser-Jargon wurden aber grundsätzlich alle Verteidigungsanlagen als Stützpunkte bezeichnet. Da ich mein Buch zum selben Thema wie jenes des Hein Severloh einerseits zur Wiedererkennung der inter- essierten Leser mit WN 62 betiteln mußte - denn es handelt nur von diesem Widerstandsnest - ich anderer- seits aber, um Irrtümer zu vermeiden, nicht denselben Titel verwenden konnte, entschloß ich mich für Stütz- punkt WN 62.”
Für sein Stützpunkt WN 62 hatte der Autor in langwieriger Detailarbeit die gesamte Verteidigungsanlage akribisch vermessen und anhand alter Militärkarten und den Aussagen von acht ehemals darauf stationier- ten Veteranen grafisch exakt rekonstruiert. Mit diesem Buch gelang ihm eine perfekte Biographie betreffs eines Widerstandsnestes - und ein weiterer voller Erfolg!
Nach dem Erscheinen seines Buches D-Day 1944 meldete sich im Jahr 2000 bei von Keusgen telefonisch unter anderen auch der Kriegsveteran Kurt Karl Keller, der vom ersten Tag der Invasion die ge- samte Zeit der schweren Kämpfe um die Normandie miterlebt hatte.
“Ich bemerkte sofort, daß dieser Mann infolge eines starken Traumas äußerst verbittert war”, erklärte von Keusgen, “Keller sandte mir dann eine CD mit seinen von ihm niedergeschriebenen Kriegserlebnissen, über die er sagte, daß er diesen Text im Internet veröffentlicht und daraufhin keine besonders guten Re- sonazen erhalten habe. Als ich seine mit ungeschickten Worten dargestellten und emotional-fanatisch wirkenden persönlichen Kriegserlebnisse las, in denen er alles grundsätzlich nur verurteilte, war mir klar, daß er mit einer derartigen Darstellung lediglich Befremden und Ablehnung ernten konnte. Keller hatte als junger Soldat allerdings Dinge erlebt, wie sie kaum schrecklicher sein können...”
Am Omaha Beach beginnend, hatte Kurt Karl Keller die gesamte Zeit der schweren Kampfhandlungen in der Normandie miterlebt und war dabei verschüttet worden. Weil man ihm infolge einer leichtfertigen Bewertung der tatsächlich drastischen Situation der deutschen Truppen in seinem Frontabschnitt wegen Wehrkraftzersetzung mit dem Kriegsgericht gedroht hatte, desertierte er und floh bis in seine Heimat im Saarland. Dort erkannt, wurde er erst zum Tode verurteilt, dann aber einem Strafbataillon zugestellt und an die Ostfront geschickt. In russische Gefangenschaft geraten und in Viehwaggons bis ins hinterste Sibirien transportiert, gelang ihm eine dreitausend Kilometer lange Flucht mit der Transsibirischen Eisenbahn - doch endete sie direkt in einem Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten am Ural. Gesundheitlich ruiniert und psychisch gebrochen, konnte Keller erst Ende 1949 in seine Heimat zurückkehren.
Von Keusgen “wollte mit alldem erst überhaupt nichts zu tun haben, weil Kellers Texte einfach nur eine Katastrophe waren. Dennoch entsprachen Kellers ungewöhnlich grausamen Kriegserlebnisse als Buchpubli- kation exakt meiner Anti-Kriegs-Philosophie. Aber erst 2003 fuhr ich für zwei Tage zu einem persönlichen Treffen ins Saarland. Wir waren uns spontan sympathisch und führten lange Gespräche, die ich, wie immer, mittels eines Diktaphons aufnahm. Dann begann ich, Kellers Horror-Geschichte völlig neu aufzubauen, und seine Story mit den richtigen Worten zu schreiben. Es war eine verdammt langwierige und schwierige Arbeit, während der ich immer wieder etliche lange Telefonate mit ihm führen mußte...”
Wieder gelang es von Keusgen, sich mit einem ehemaligen Soldaten und Kriegsleidenden zu identi- fizieren, in dessen Person zu schlüpfen und die Dinge aus seinem Blickwinkel zu beschreiben. ”Aber”, so sagte er, “in derselben Zeit hätte ich ein eigenes und noch dickeres Buch schreiben können, so aufwendig war diese Arbeit...”
Kurt Karl Kellers spannende Autobiographie Vom Omaha Beach bis Sibirien erschien 2004, und der Untertitel dieses erschreckenden Kriegsschicksals hätte nicht treffender sein können: Horror-Odyssee eines deutschen Soldaten.
Die D-Day-Veteranen Kurt Karl Keller (rechts) und Johannes Kleine-Schönepauck im Jahr 2007 anläßlich einer Präsentation zum 10-jährigen Bestehen des H.E.K.Creativ Verlags im Hause Keusgen.
Nach der äußerst positiven Resonanz auf sein Stützpunkt WN 62 war von Keusgen motiviert, und infolge der zusätzlichen intensiven Recherchen der letzten Jahre, sowie seiner immer häufigeren und länger- fristigen Aufenthalte in der Normandie begann sein D-Day-Archiv langsam überzuquellen:
“Ich konnte von nun an wirklich aus dem Vollen schöpfen. Lange genug hatte ich darauf gewartet... Wie ich vielen Gesprächen mit interessierten Lesern und den Teilnehmern der seit 2001 vom H.E.K.Creativ Verlag organisierten D-Day-Meetings entnehmen konnte, interessierte man sich auch sehr dafür, welche Situation ich damals vorfand, als ich 1973 erstmals in die Normandie kam. Da es anläßlich meiner ersten Besuche tatsächlich zu äußerst ungewöhnlichen Erlebnissen und Entdeckungen kam, begann ich ab meines nächsten Buches jeweils im Vorwort darüber zu berichten...”
Von Keusgens nächster, 2005 erschienener Titel hieß, Die Kanonen von Sainte Marcouf - Deutsche Küsten-Batterie Azeville und Crisbecq.
Die Kanonen von Saint Marcouf hatten eine äußerst ungewöhnliche Vorgeschichte, die bis zu von Keus- gens erstem Besuch im Jahr 1973 zurückreichte, als er und sein Freund, Manfred Schnüll, vor einer riesigen, teilweise eingebrochenen Kasematte völlig überraschend einem Veteranen der damaligen Besatzung der Marine-Küsten-Batterie Crisbecq gegenüberstanden. Der Mann hatte noch immer dort gehaust und trug auch noch seine alte Uniformjacke. Von Keusgen konnte nie vergessen was der verstörte Veteran ihm einst gesagt hatte: “Da hinten d’rin, wo die Decke eingestürzt ist, da liegen sieben Mann - meine Kameraden...” Von Keusgen widmete sein Buch diesem, ihm ansonsten anonym gebliebenen verwirrten Menschen.
2006 publizierte von Keusgen seinen nächsten Titel: Pointe du Hoc - Rätsel um einen deutschen Stützpunkt. Manfred Schnüll, mit dem er von klein auf in einem Reihenhaus gewissermaßen Wand an Wand groß geworden war und mit dem er erstmals in die Normandie kam, um dort mit ihm zu tauchen, war im Sommer 2000 plötzlich über Nacht und aus nie geklärter Ursache im Alter von nur 47 Jahren verstorben.
“Das war hart”, sagte von Keusgen, “wir waren ein wirklich gutes Team - über und unter Wasser. Es gab eine Menge Leute in meinem Tauchverein, die eine große Klappe hatten, mit mir in der Normandie tau- chen zu wollen; aber als sie erfuhren, was für gefährliche Dinge dort meterhoch auf dem Meeresgrund herum- liegen, haben sie sich nicht mehr getraut. Nur Manfred war mir immer treu geblieben - und hätte seinen Einsatz an meiner Seite auf den Pontons vor Arromanches am 14. April ‘73 beinahe mit dem Leben bezahlt...”
Diesem, seinem treuen Freund, widmete von Keusgen sein Pointe du Hoc, denn auch dort hatten sie gemeinsam einige ganz außergewöhnliche Erlebnisse...
Manfred Schnüll am Riff vor der Pointe du Hoc. Der rätselhafte Fund einer großen, alten Metallkiste gab den beiden Tauchern Rätsel auf. Sie war offenbar während des schweren Bombardements auf die deutsche Heeres-Küsten-Batterie weit über den Rand des über 30 Meter hohen Plateaus und ins Meer hinaus geschleudert worden. Manfred Schnülls ungewöhnliche Haltung im Moment der Entstehung dieses Fotos sollte kein Spaß sein. Er hatte in der Aufregung vor dem ersten Tauchabstieg unter den erkennbar schwie- rigen Bedingungen durch die starke Meeresbrandung vor der hohen Steilküste vergessen, außer seine Handschuhe anzuziehen, auch seine schützende Kopfhaube aufzusetzen. So schmerzten ihn bei der nie- drigen Wassertemperatur von nur 11° Celsius bereits nach zehn Minuten Tauchzeit heftig die Ohren. Doch es gab dort unten und auch oben, auf dem weitläufigen Plateau, noch sehr viel mehr Seltsames zu ent- decken, wie man in von Keusgens Buch feststellen kann...
Von Keusgens nächstes Buch war jenes, “für das ich bisher die insgesamt meiste Zeit für Recherchen, grafische Gestaltungs- und Schreibarbeiten aufbringen mußte. Außerdem hatte ich für diese Kampfstätte in den inzwischen mehr als drei Jahrzehnten die meisten Zeitzeugen gefunden. Es war aber auch jenes Thema, das mich selbst am meisten interessierte, denn genau hier hatte ich am 9. April 1973 jenen Ort betreten, an dem sich auch die Zukunft meines eigenen Lebens entscheiden sollte...”
Omaha Beach - Die Tragödie des 6. Juni 1944 erschien im Sommer 2007. In diesem Buch schildert der Bestseller-Autor die gesamte Geschichte jenes einstmals und bis zur deutschen Besatzung so schönen Plage d’Or (Goldstrand), beginnend in der Zeit vor dem Krieg, dann die grausamen Kampfhandlungen während des Angriffs der Amerikaner am 6. Juni 1944 am nunmehr mit dem Decknamen Omaha Beach bezeichneten Strand, vom Bau der künstlichen Hafenanlage, bis hin zu den Altlasten des Krieges. Auch im Vorwort zu diesem Buch berichtet von Keusgen von “meinen eigenen Erlebnissen an und auf diesem Strand und von jenem so stark traumatisierten Amerikaner, der mir und meinem Freund seine ganz eigenen D-Day- Erlebnisse im wahrsten Sinne des Wortes vorführte. Er war es auch, der mir erstmals vom Beast of Omaha Beach erzählt und auf so eindrucksvolle Weise erklärt hatte, wie es bei den GIs bereits zwei Stunden nach dem Beginn der Kampfhandlungen zur Bezeichnung Bloody Omaha gekommen war. Ohne ihn wäre ich niemals auf Hein Severloh aufmerksam gemacht worden...”
Auch in seinem Omaha Beach setzte von Keusgen die besondere Charakteristik seiner von ihm selbst gestalteten Bücher fort. Eines der Highlights seines Buches stellt die exakte grafische Rekonstruktion der ersten sieben Angriffswellen der Amerikaner dar, in der er jedes einzelne Landungsboot erfaßt hat, dessen geplanten Landeplatz sowie den durch die widrigen Strömungsverhältnisse bedingten tatsächlichen Ort der Anlandung, die Masse der mit jedem einzelnen Boot transportierten GIs, deren Regiment und Kompanie, und wie viele dieser Soldaten den Sturmangriff über den Strand und auf die deutschen Küstenverteidigungs- anlagen überlebt haben. Noch heute liegen die Reste von drei ehemaligen Landungsbooten am Strand.
Bedingt durch das enorm große Repertoire an historischen Fotos betreffs der großen Invasion in der Normandie erarbeitete von Keusgen noch im selben Jahr, 2007, ein Begleitbuch zum vorstehend bezeich- neten Titel. Es ist ein Bildband mit kurzen, präzisen Informationen zu den jeweiligen Fotos: Bloody Omaha - Der US-Landeabschnitt in Bildern.
Immer wieder spült die Flut auch heute noch neue Funde am “Omaha Beach” frei. Im September 2006 fand von Keusgen eine alte Hose im Sand des Strandes: “Erst glaubte ich, es sei die Hose eines Fischers, aber als sie getrocknet war, hatte sie exakt die Farbe der Landungsboote. Ein Vergleich mit historischen Fotos bestätigte mir anhand des Schnittes, daß sie einst einem Soldaten der US-Küsten-Garde gehört haben mußte.”
Durch den Kino-Breitwand-Charakter der großformatigen Fond-Fotos dieses beeindruckenden Buches werden die Betrachter gewissermaßen durch einen Zoom-Effekt visuell in das Kampfgeschehen integriert und in die beklemmende Atmosphäre sowie die hoffnungslose Situation am Strand versetzt und somit zu Teilnehmern im Zentrum der apokalyptischen Ereignisse.
Sainte-Mère-Église und Merderet sollte von Keusgens nächster Buchtitel sein, der das äußerst komplexe Luftlandeunternehmen der Amerikaner auf der normannischen Cotentin-Halbinsel behandelt, und im Ende 2008 erscheinen. Jedoch traten aus mehreren Gründen deutliche Verzögerungen betreffs des Erschei- nungszeitpunktes auf, an denen der Autor selbst der Verursacher war:
“Die Publikation des Titels war für den Herbst 2008 geplant. Die erste Verzögerung begann im Herbst des Jahres damit, daß ich, nach bereits vollendetem Manuskript, plötzlich noch einen höchst spektakulären amerikanischen Bericht erhielt, den ich noch in mein Buch aufnehme wollte. Da mir aber an der beschrie- benen Situation irgend etwas seltsam vorkam und ich aus der negativen Erfahrung meines ersten D-Day- Buches gelernt hatte, alles grundsätzlich abzusichern, setzte ich mich ins Auto und fuhr in die Normandie, um mich vor Ort von der Möglichkeit der dargestellten Ereignisse zu überzeugen. Zu meiner größten über- raschung war der kleine Merderet-Bach nach drei Wochen anhaltender starker Regenfälle weit über seine Ufer getreten, und die ganze Landschaft glich exakt des von den Deutschen zu Kriegszeiten durch auf- stauungen überfluteten weitläufigen Terrains. Bei Chef-du-Pont angekommen, wurde mir sofort klar, daß die in dem amerikanischen Bericht beschriebenen Ereignisse unter diesen Verhältnissen niemals hätten ge- schehen können, denn dann hätte sich alles das zwei Meter unter Wasser zugetragen...”
Die Präzision seiner Berichterstattung beruht bei von Keusgen vordergründig auf Zeugenaussagen, offi- ziellen Unterlagen und ständigen Überprüfungen - auch vor Ort. So hatte das Merderet-Hochwasser im Herbst 2008 dazu beigetragen, daß er sich wieder einmal ein eigenes Bild von den gewaltigen Ausmaßen der auch 1944 ebenso weit überschwemmten Gebiete machen und somit einige Berichte anderer Autoren widerlegen konnte.
Als sich von Keusgen dann noch ein paar Tage in der Normandie aufhielt, bot sich ihm die Möglichkeit, in der Ferme du Chemineau, in Colleville-sur-Mer, genau jenes Gebäude mieten zu können, in dem 1944 die 3. Kompanie des Grenadier-Regiments 726 etabliert war. Infolge ihrer Stationierung auf sechs Widerstands- nestern am Omaha Beach mußte sie die Hauptlast des Angriffs der Amerikaner tragen. So entschloß sich von Keusgen in dem Gebäude eine spezielle Omaha-Beach-Ausstellung zu installieren, und zwar schon zum bevorstehenden 65. Jahrestag des D-Day im Jahr 2009:
“Zurück in Deutschland, wurden sämtliche Verlagsarbeiten gestoppt, und alles arbeitete nur noch an meinem großen Ausstellungs-Projekt. Infolge akuten Zeitmangels betreffs der aufwändigen Gestaltungs- arbeiten wurde der Erscheinungszeitpunkt meines gaplanten Buches Sainte-Mère-Église und Merderet um ein ganzes Jahr verschoben - aber das war sehr gut so...
Bis Anfang August war meine Omaha-Beach-Ausstellung aus der Normandie zurückgebracht und in Schloß Ricklingen installiert worden. Am 15. des Monats wurde sie eröffnet. Als ich im Herbst 2009 endlich mit den Gestaltungsarbeiten für mein Buch beginnen wollte, erschien in der Ausstellung ein Veteran des Fallschirmjäger-Regiments 6, der die gesamten Kampfhandlungen in der Normandie mitgemacht hatte und auch bei Sainte-Mère-Église im Einsatz war. Dieser Ex-Fallschirmjäger lieferte mir Informationen, durch die ich endlich definitiv beweisen kann, daß es nach dem D-Day keine direkten Kampfhandlungen mit deutschen Soldaten innerhalb dieser Ortschaft mehr gegeben hatte.
Und noch etwas war inzwischen geschehen, das mich zwang, einiges in meinem Manuskript zu ändern, aber das tat ich wirklich gern:
Seit einigen Jahrzehnten lebte in der Nähe von Ste.-Mère-Église, in Chef-du-Pont, ein Amerikaner namens Howard Manoian, der seit ewigen Zeiten allen ihn besuchenden Touristen, Journalisten und Buch- Autoren seine Geschichte erzählte, als Ex-US-Fallschirmjäger am D-Day über Ste.-Mère-Église abgesprun- gen zu sein und aktiv an den Kampfhandlungen bei La Fière am Merderet teilgenommen zu haben. Jedes Jahr hatte Manoian an den D-Day-Feierlichkeiten am Iron-Mike-Denkmal teilgenommen, wenngleich seine Veteranen-Kameraden ihn dabei meistens volltrunken herumschleppen mußten. Man hatte ihm zu Ehren in Chef-du-Pont sogar eine Gedenktafel angebracht. Als ich ihn mit Karin Clarissa Röhrs zum ersten Mal in seiner verkommenen Kleingartenhütte in Chef-du-Pont besuchte, hatten wir von ihm absolut keinen guten Eindruck. Er rauchte unentwegt, trank massenhaft Bier und machte während unserer Interviews gegenüber Karin Clarissa mehrere äußerst anzügliche Bemerkungen. Als sie sich verbal zu wehren versuchte und darauf hinwies eine Dame zu sein, entgegnete er chauvinistisch: Das macht mir nichts aus; ich gehe auch mit Damen ins Bett... Daraufhin brachen wir unser Interview ab und verließen Manoian.
Noch mehrmals und unbeabsichtigt trafen wir in der Folgezeit Manoian wieder, und ich kann mich nicht erinnern, ihn jemals nüchtern erlebt zu haben. Zwar erschien seine Story einigermaßen glaubhaft, doch hielt mich eine innere Stimme davon ab, alles von ihm erzählte zu übernehmen, denn es gab zu viele Lücken, die er trotz mehrfachen Hinterfragens nicht schließen wollte oder konnte, aber subjektive Erlebnisse sind auch für mich nicht immer überprüfbar, solange es keine anderen Zeugen für dieselbe Situation gibt. So nahm ich einige seiner Aussagen in meine Geschichte vom US-Luftlandeunternehmen mit auf. Aber gerade als ich damit begann, die wichtigen Aussagen des deutschen Veteranen des Fallschirmjäger- Regiments 6 in mein Manuskript einzufügen, erreichte mich von Karin Clarissa Röhrs die Meldung, daß man über die BBC Howard Manoian als Lügner entlarvt habe, der lediglich der 33. Chemischen Dekontaminierungs-Kompanie am Utah Beach angehört hatte, die, weit hinter der Front, niemals in ernste Kampfhandlungen verwickelt worden war. Manoian war in Ste.-Mère-Église ein lokaler Kriegsheld, den man für seine “Taperkeit” mit der höchsten Französischen Auszeichnung, dem Orden der Legion d’Honneur, geehrt hatte...
“Es ist für mich sehr bedauerlich, daß ich meine Leser betreffs dieses Buches so lange habe warten lassen, aber das Warten hat sich wirklich gelohnt...”
Sainte-Mère-Église und Merderet soll nun endgültig im Frühjahr 2010 erscheinen...
Helmut Konrad von Keusgen im Interview mit dem angeblichen Luftlande-Zeitzeugen Howard Manoian auf dem Kirchplatz in Ste.-Mère-Église im Jahr 2008. Manoian gab fälschlich vor, als Fallschirmjäger der 82. Airborne Division am “D-Day” um kurz nach Mitternacht über Ste.-Mère-Église abgesprungen und auf dem Friedhof der Kleinstadt gelandet zu sein... Seine erfundene Geschichte wurde bereits in etlichen Büchern anderer Autoren publiziert.
Hinweis:
Bestellungen der vorstehend aufgeführten Bücher sind direkt beim H.E.K.Creativ Verlag Online-Shop über die Rubrik Kontakte möglich.
Leser, die an bereits ausverkauften Buchtiteln Interessiert sind, können trotzdem ihre diesbezügliche Bestel- lung beim H.E.K.Creativ Verlag aufgeben, denn bei entsprechend vielen Vorbestellungen wird der jeweilige Titel in nochmals überarbeiteter und erweiterter Form neu aufgelegt.
Die vorstehend angegebenen Buch-Bewertungen mit entsprechend vielen goldenen Sternen sind dem Internet-Anbieter Amazon Services Europe im Januar 2010 entnommen und wurden dort anhand von Leser- meinungen ermittelt.
Folgend aufgeführte Keusgen-Publikationen seiner D-Day-Serie sind vom H.E.K.Creativ Verlag für die nächsten Jahre geplant:
Champagner-Empfang und Autoren-Präsentation mit seinem französischen Verleger, Georges Bernage (rechts), im großen Buch-Shop der Madame Jeanne (links) in Sainte-Mère-Église. Infolge der sehr guten Be- wertungen seiner Buchpublikationen rangiert Helmut Konrad von Keusgen als Besteller-Autor weltweit mit an der Spitze.
Das gesamte Buchangebot des H.E.K.Creativ Verlas finden Sie unter der Rubrik Kontakte
im Hauptprogramm des Verlags.